„Du bist viel zu teuer.“
„Wir können uns dich nicht leisten.“
„Du verdienst viel mehr wie alle anderen.“
Sätze wie diese höre ich fast bei jeder Buchung. Und das ärgert mich. Das ärgert mich sehr. Einfach weil es nicht stimmt und auf einer Milchmädchenrechnung basiert. Dazu folgendes Beispiel:
Mein Stundensatz als Freiberufler liegt in der Regel bei 100 EUR. Das macht auf den Tag (8 Stunden) 800 EUR, auf den Monat (20 Tage) 16.000 EUR und auf das Jahr (20 Tage * 12 Monate) 192.000 EUR. Nimmt man nun als Vergleichswert eine Person mit ähnlichen Skills / Erfahrungen wie ich, so wird diese in Festanstellung etwa 120.000 EUR haben wollen. Sprich, 72.000 EUR weniger. Das ist krass. Richtig? Falsch! Denn faktisch muss der Arbeitgeber nicht 120.000 EUR für den Arbeitnehmer bezahlen, sondern rund 20% mehr. Dank der ganzen Abgaben wie Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung und co. landen wir aufgerundet bei 144.000 EUR. Sprich, die Kluft verringert sich auf 48.000 EUR. Und das bei 30 Tagen Urlaub + 8 Feiertagen für den Arbeitnehmer. Ah, richtig. Die hat ja ein Freiberufler nicht. Fairness-halber müssen wir die also abziehen. 38 Tage á 800 EUR machen also 30.400 EUR. 30.400 EUR die ich von meinem jährlichen Einkommen streichen muss. Sprich, 192.000 EUR – 30.400 EUR. Es bleiben also noch 161.600 EUR für den Freiberufler. Genau 17.600 EUR mehr wie ein gleichwertiger Festangestellter. Richtig? Wieder falsch.
Denn jetzt wird’s erst richtig knifflig. Denkt nur an Krankheiten & Weiterbildungen. Im Schnitt haben Arbeitnehmer 5 Tage pro Jahr Anspruch auf Bildungsurlaub und sind 11 Tage im Jahr krank. Sprich, 16 Tage arbeiten sie nicht und bekommen trotzdem Gehalt. Umgerechnet ist das ein erneuter Ausfall von 16 * 800 EUR = 12.800 EUR für den Freiberufler. Heißt also, der Unterschied zwischen Freiberufler und Festangestellten sind nur noch 4.800 EUR. Viertausendachthundert Euro.
Bevor du jetzt aber denkst:
"ha, wusste ich es doch"
bedenke folgendes: Die Leistung eines Festangestellten variiert über Zeit. Sprich, am Anfang will sich jeder Festangestellte beweisen. Hat er/sie das getan, pegelt sich die Leistung meist auf einen soliden Mittelwert ein. Das ist ganz normal und nicht verwerflich. Anders sieht das aber bei einem Freiberufler aus. Ich z. B. werde nur gebucht wenn die Hütte schon brennt. Klar, Freiberufler kosten ja super viel. Die kann man sich nicht vorher leisten. Entsprechend ist der Leistungsdruck IMMER da. IMMER. Ein Freiberufler kann seine Leistung nicht verringern, sonst ist er schneller raus als du bis 3 zählen kannst.
Und als wäre das nicht schon genug, kann man an dieser Stelle noch den Verwaltungsaufwand für einen Festangestellten erwähnen. Der fängt nämlich bei der Stellensuche an, geht über die Laufzeit der Beschäftigung (Maßnahmen um den Mitarbeiter bei Laune zu halten) bis hin zum Ausscheiden des Mitarbeiters. Im Zweifelsfall sogar mit Abfindung & Rechtsstreit. Mit Freiberuflern hat man diesen ganzen Bohei nicht. Die holt man sich spontan an Bord, „benutzt sie“ und lässt sie nach getaner Arbeit weiterziehen.
Kurzum: Nein. Freiberufler sind NICHT teurer als vergleichbare Festangestellte. Vor allem dann nicht, wenn man deren Flexibilität und Leistung mit einrechnet.
P.S.: Sämtliche Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder anderweitige Boni habe ich bei dieser Rechnung ignoriert. Tut man das nicht, geht ein Freiberufler beinahe schon als Schnäppchen durch.